Ein bisschen Kulturschock

In Europa bin ich ja schon etwas herum gekommen und auch so einiges gewöhnt aber hier herrscht eine etwas andere Lebensweise. Ich will jetzt auch nicht sagen ob besser oder schlechter. Anders eben. Daran muss ich mich erst einmal gewöhnen.
Den ersten Supermarkt, der hat sogar Pumpernickel, habe ich also schon mal ohne weitere Dilemma überstanden. Die Suche nach einem Laden, der auch Prepaid Handy Karten verkauft gestaltet sich etwas schwieriger. Aber Cristian, der Besitzer des Hostals, gibt mir da Tipps. Und wieder einmal ein Hoch auf den Google offline Übersetzer. Ohne den würde ich wohl immer noch im Hostal sitzen.
Allerdings ist das mit der Prepaid sim Karte in Chile nicht so einfach. Denn seit ein paar Jahren muss man für sein ausländisches Handy die Karte regsistrieren. Voher hat man auch keine Nummer etc. Um es vorweg zu nehmen: nach einer Woche habe ich gar nicht mehr an die Sim Karte gedacht und zack bekam ich eine SMS von entel (der Telefonanbieter). Schön und gut aber die Karte muss noch aufgeladen werden… und eins kann ich sagen: wenn die deutsche Kreditkarte nicht funktioniert, dann ist das irgendwie auch nicht mehr lustig.

Aber zurück nach Santiago de Chile.

Aha so wurden die Anden also gebaut. Überall nur Beschiss……

Das verspiegelte Hochhaus gehört wohl einem Deutschen, der eine grosse Supermarktkette in Chile hat.

Meine Abreise aus dem Hostal verschiebt sich noch einen Tag, da die Versicherung für das Mopped noch nicht geregelt ist. Es ist wohl so, dass kein Mensch hier die Versicherung sehen will aber wie wir wissen: wenn du die Regenpelle anziehst, regnet es nicht. Und so ist es auch mit Versicherungen. Hast keine, passiert bestimmt was. Murphy’s Gesetz.

Endlich ist der Tag der Abreise.

Juheeeee, endlich geht es los. Etwas mulmig ist mir schon. So schwer beladen bin ich schon eine Weile nicht mehr gefahren und dann erst mal durch die Chaotenstadt Santiago.
Aber erst einmal tanken. Schock. Visa geht hier nicht. Na, geht ja schon wieder mal prima los. Aber ich habe mir eh vor genommen in bar zu zahlen so viel es geht.
So, jetzt aber wirklich los.
An die Huperei muss ich mich auch noch gewöhnen. Hier weiss man nicht, hupen die hier um jemanden zu begrüssen oder wegen Gefahr oder aus Langeweile. Nach den lachenden Gesichtern und den Daumen nach oben in meine Richtung, war es wohl die meiste Zeit Anerkennung. Die kleine V85 zaubert den Menschen hier große Augen in deren Gesichter und große Begeisterung. Liegt wohl auch daran, dass Moto Guzzi hier nicht wirklich sehr präsent ist.

Die Fahrt durch diese Stadt scheint nicht enden zu wollen. Und ich habe anscheinend wieder ein gutes Gespür dafür, wo in dieser Stadt der tumultigste Markt statt findet. Ich fahre jedenfalls direkt dort rein. Es dauert eine Ewigkeit, bis ich hier durch bin. Aber danach geht es recht entspannt weiter. Ich habe nicht wirklich einen Plan wohin aber erst einmal aus dem Großraum Santiago raus. Auf der Fahrt nach irgendwo komme ich an einem besonderen “ Acker“ vorbei. Kakteen.
Also dort ungebremst rein zu fahren ist eher suboptimal. Aber ich frage mich, was daraus produziert wird.


Die Gegend wird mittlerweile immer ländlicher. Und manchmal habe ich das Gefühl ich bin in Spanien.

Lago Rapel…

…und ein riesiger Staudamm

Mir ist auch schon auf der Fahrt vom Flughafen zum Hostal aufgefallen, dass extrem viel Müll auf den Straßen von Santiago liegt. So auch mitten in der Landschaft. Ich kann es einfach nicht verstehen, dass Menschen so handeln.
Hört doch endlich auf euren Müll überall hin zu schmeissen. Und das nicht nur hier. Deutschland verkommt auch langsam zu einer Müllkippe.



Traurig aber auch wütend mit diesen Bildern im Kopf fahre ich weiter in Richtung Küste. Meine Stimmung wird etwas besser, als ich das Rauschen des Meeres höre.
Endlich: das erste Mal am Pazifik.

Am liebsten würde ich sofort an den Strand und meine Füße in das kalte Naß stellen. Aber ich möchte mein Mopped hier nicht alleine stehen lassen. Deshalb schaue ich mich mal nach einem Campingplatz um. Was ich leider feststellen muss ist, dass viele ihren Platz geschlossen haben…..
Aber ganz in der Nähe finde ich einen. Und der Besitzer ist auch Motorradfahrer. Zuerst wollte er mir einen Platz geben, an dem ich mein Motorrad nicht direkt neben das Zelt hin stellen konnte und er merkte wohl sofort, dass mir das eher unrecht war. Deshalb gab er mir einen anderen Platz. Dort habe ich auch Strom.
Kurze Zeit darauf kam auch schon der nächste Camper. Er bot auch gleich seine Übersetzungshilfe an. Ich merke gerade immer mehr, wie bescheuert das ist, wenn man die Landessprache so gar nicht kann. Vor allem, wenn man den Menschen klar macht, dass man kein Spanisch spricht und sie sprechen, gefühlt, noch schneller. Aber mein Nachbar ist mir eine grosse Hilfe. Und er bietet mir auch sofort an, sein Wlan mit mir zu teilen.
Ich bin auch total begeistert von seinem Anhänger. Den hat er selber gebaut und erzählt mir stolz mehr darüber. Auch das ist ein Grund warum ich das Campen so sehr mag: man trifft unglaublich interessante Menschen.

Alles drin und dran was man braucht.

Hier kommt auch erst gar keine Langeweile auf. Der Bestitzer feiert gleich neben an mit seinen Freunden und ich werde prompt eingeladen. Natürlich werde ich erst mal über meine V85 ausgequetscht.
Essen und Trinken wird mir angeboten und da merke ich erst mal, dass ich den ganzen Tag eigentlich noch nichts gegessen habe. Und was die Jungs da auf den Grill geschmissen haben, war wirklich sehr lecker.

Soeben habe ich beschlossen, dass ich einen Tag länger hier bleibe. Ich möchte ja schliesslich unbedingt an das Meer.
Nach einer sehr erholsamen Nacht packe ich meine Fotoausrüstung und marschiere los durch die Dünen. Natürlich erst mal verlaufen. Aber Umwege erweitern ja bekanntlich die Orstkenntnisse.
Der Weg durch die Dünen ist zwar etwas beschwerlich aber herrlich. Kein Mensch weit und breit und eine Stille, die ich schon lange nicht mehr erleben durfte.

Leider kenne ich die Pflanzen nicht.

Vielleicht kann mir da jemand weiter helfen?

Vielleicht kann man an meinen Ausführungen meine Begeisterung für das Meer erkennen? Mir geht es im Moment einfach richtig gut. Der Augenblick an dem Du am Meer stehst und einfach nur der rauhe und salzige Wind um die Nase weht und Du einfach an nichts denkst. Einfach nur hier stehen und sehen und fühlen.

Ich konnte zum Glück ein paar Filmaufnahmen von diesen Vögeln machen.
(mein Videoprogramm streikt gerade, ich hoffe, ich kann bald Filme hoch laden)
Eigentlich könnte ich diesen Vögeln noch eine Ewigkeit dabei zu sehen, wie sie an den Wellen entlang rennen aber irgendwann muss ich ja auch wieder zurück. Allerdings nehme ich nicht den gleichen Weg zurück. Die Stelle, an der ich aus den Dünen kam, finde ich eh nicht mehr.

Da fällt mir doch glatt ein Witz ein:
Er: Kaktusse
Sie: Das heisst Kakteen
Er: Ne, ne…ich meinte schon dich.

Wenn ich hier diese Bäume (so einen hätte ich gerne als Bonsai) so sehe, dann hoffe ich immer mehr, dass ich nach Kalifornien kann in das Muir Woods National Monument.

Ein ganzes Stück weit von „meinem“ Strand komme ich an eine touristisch ausgebaute Ecke. Sofort ist es vorbei mit der Stille und Einsamkeit. Allerdings wird es hier normalerweise auch mehr Trubel geben, als jetzt. Mir kann es eigentlich egal sein, denn ich mag so einen Massentrubel ja nicht. Aber die Menschen, die davon leben, werden es nicht sehr leicht haben zur Zeit.

Kreativ sind sie hier auf jeden Fall

Am nächsten Tag möchte ich ganz entspannt an der Küste entlang fahren. Aber erst einmal geht die Fahrt wieder in Stück in das Landesinnere. Hier fährt man an einigen Salzfeldern vobei. Gleich an der Straße kann man sich auch damit eindecken. Manchmal finde ich es richtig doof, mit dem Motorrad unterwegs zu sein. Da ich nur begrenzt Platz habe. Gerade bei Salz, welches ich gerne von überall her mit nehme, finde ich es besonders doof. Allerdings ist es widerum nicht schlecht, da ich sonst so viel Zeug mit nach Hause schleppen würde, dass ich wohl anbauen müsste. Ne, bei Salz ist es immer noch doof.

Also Zähneknirschend weiter fahren. Dafür werde ich bei Boyeruca wieder mit einem schönen Blick aufs Meer belohnt.
Allerdings finde ich diese Schilder, die ich jetzt schon öfters gesehen habe, etwas befremdlich. Ich überlege mir das noch mal sehr gut, mein Zelt am Strand auf zu bauen.

Ein paar Kilometer süd – östlich lauern dafür andere Gefahren. Vulkane.
Und wie ich erfahren habe, ist der letzte Vulkan erst vor 5 Jahren ausgebrochen. Der Vulkan Calbuco. Davon habe ich gar nichts mit bekommen.
Als der Eyjafjallajökull auf Island 2010 ausbrach, hörte man fast nichts anderes mehr.
Aber weiter geht es erst mal hier in Chile. Eigentlich wollte ich noch weiter die Küste entlang fahren allerdings war mir die Straße, die mein Navi mir zeigt, die ich fahren soll, eher suspekt. Die bestand eigentlich nur aus Sand. Was nicht das Problem ist aber wenn es eine, gefühlte, 70 Grad Steigung ist, dann muss ich mir das noch einmal überlegen. Ich denke, solche Straßen werde ich noch genug zu fahren haben.
Ich muss auch nicht lange fahren um etwas Seltsames zu sehen. Diese Bäume sind irgendwie alle tot. Und das auf einem riesigen Areal.

Wenn man ganz genau hin schaut, dann sieht man, dass die Bäume im Hintergrund in einer Linie liegen. Keine Ahnung ob die gefällt wurden oder ein grosses Waldsterben schuld ist. Aber das sieht irgendwie gespenstisch aus.
Da sind mir die frohen Farben der Küstenbüsche lieber. Deren Namen habe ich jetzt heraus gefunden. Ginsterbusch.

Auf der Suche nach einem Campingplatz fahre ich zufälligerweise an Felsen vorbei, die einem mal kurz staunen lassen.
Und falls ihr euch mal aufregt, weil ein Vogel auf euer Auto gekackt hat oder auf euch, dann bleibt locker und denkt an diesen Felsen wie er sich wohl fühlen muss.

Piedra de la iglesia

Dieser Fels fühlt sich jeden Tag beschissen

Ich frage mich gerade, wie zum Henker kommen die da hin? Hat ein Vulkan sie ausgespukt? Von kleinen Brocken kann man da nicht mehr sprechen.

Ich glaube, ich muss ein paar Nachtschichten einlegen. Fahren, Landschaft anschauen, Menschen kennenlernen, einkaufen, fahren, tanken, Fotos und Filme machen, Fotos und Filme bearbeiten, Blog schreiben …. zum schlafen habe ich keine Zeit. Chef? Ich bleibe dann mal länger weg…….

26 Antworten

  1. Michaela Collins sagt:

    Danke, dass du uns an deinem Abenteuer teilhaben lässt.

    • Flora sagt:

      Hallo Michaela,
      ich gebe mein Bestes. Hab jetzt auch raus gefunden, wie ich mein Handy als Hotspot für den Laptop benutze.
      So kann ich vielleicht öfters mal was schreiben. Wenn da nicht noch das Problem mit dem Strom wäre…. Aber alles nur nichtige Probleme 🙂
      Lieben Gruss
      Flora

  2. Robert Welter sagt:

    Hallo Flora,
    schöner Bericht. Ich hoffe es gibt bald Video`s und etwas von der Sonnenfinsternis!
    Weiterhin alles gute, Robert

  3. Martin Bernstein sagt:

    Hallo Flora, super das du es angegangen bist! Wir sitzen hier in Deutschland im Lockdown und sehnen uns danach endlich wieder losdüsen zu können. Macht richtig Laune deinen Blog zu lesen und ich freue nich schon auf den nächsten Bericht. Pass auf dich auf und allzeit gute Fahrt!

    • Flora sagt:

      Hallo Martin,
      ja, finde ich auch super. Mir geht es wunderbar. In D würde ich komplett irre werden.
      Freut mich, dass Dir mein Blog gefällt. Bin da ja noch recht neu drin und muss noch etwas üben.
      Ich hoffe, ihr kommt bald wieder zum guzzeln.
      Sonnigen Gruss
      Flora

  4. Ansgar Hartmann sagt:

    Toll, Flora…bin ganz bei Dir. 🙂
    Gruß
    Ansgar 🙂

  5. Uli sagt:

    Danke für Deine sehr lebhafte nachvollziehbare Geschichte… im deutschen Fernsehen gibt es eine Serie : Knallerfrauen !! Das doch nix, Du bist eine „Knallerfrau“ in einer positiven wie lebensbejahenden Art!! pass gut auf Dich auf, Uli der im Guzziforum das ulimaennchen ist ‼️

  6. Kurt sagt:

    Toller Bericht!
    Danke ich bleib dabei.

  7. Ulrich Bornmüller sagt:

    Alle Achtung, Flora. Ich beneide dich und freue mich auf die Fortsetzung deines Berichts.
    Beste Grüße
    Borni 👍

    • Flora sagt:

      Hi Borni,
      ja, das kann ich verstehen. Im Moment ist es echt super hier. Bin jetzt rein mental auch endlich „angekommen“
      Schöne Grüsse nach Deutschland

  8. alex sagt:

    Wow,ich freue mich das wenigstens dein Projekt gestartet ist ,viele Eindrücke wünsche ich dir .
    Herzliche Grüße Alex

  9. Knopp sagt:

    Wunderbar, dass es jetzt losgeht! Viele schöne Erlebnisse wünsche ich dir!

  10. Martina sagt:

    Die gelben blumen heissen goldregen. Der verwachsene baum ist ein Algarobo…steht unter naturschutz.
    Viel spass…wieviel zeit hast du denn?
    Liebe gruesse aus brasilien. Bald gehts nach hause. Liebe gruesse Martina

    • Flora sagt:

      Hi Martina,
      gut zu wissen, dass der Baum unter Naturschutz steht. Wobei, als Bonsai würde der nix mehr taugen 😉
      Ich habe bis Oktober 21 Zeit. Mein Plan ist zwar komplett dahin aber dazu sind Pläne ja da, dass sie nicht eingehalten werden.:-)
      Euch alles Gute und für das kommende Jahr die besten Wünsche 🙂

  11. Silke Smarty sagt:

    Hey Flora,
    kann es sein, dass dein Kakteen-Acker dazu da ist Kaktusfeigen zu züchten? Die im übrigen sehr lecker sind, nur Ziemlich blöd zu schälen wegen den ganzen Stacheln.
    Die beschissenen Felsen sind echt cool und auch sonst scheinst du ja so einiges zu erleben. Vor allem Party 😉
    Hau rein und bis zum nächsten mal. Pass auf dich auf, aber es geht dir ja eh gut 😉
    LG Smarty

    • Flora sagt:

      Hi Silke,
      hm, keine Ahnung was die da züchten. Aber könnte ja sein, dass es Feigen sind.
      Also mir geht es im Moment prima. (Bein scheint auch wieder ok zu sein)
      Pass auch auf dich auf und ich wünsch dir noch viele schneereiche Tage 🙂
      Grüssle

  12. Axel sagt:

    Hi Flora,
    schön zu lesen daß es Dir offensichtlich gut geht!!!
    Mach weiter so, wir freuen uns schon aufs lesen und schauen..
    Gruß aus LA , Marina und Axel

    • Flora sagt:

      Hallo ihr beiden.
      schön von euch zu lesen 🙂
      ganz arg liebe Grüsse an euch und ich hoffe das 100järhrige findet statt und wir sehen uns dort.
      (haltet unbedingt meinen Platz frei 🙂
      Schönen Gruss aus Chile

  13. Susanne Keinrad sagt:

    Hallo Flora,echt spannend was Du bis jetzt erlebt hast.Grüße von Susanne aus Köngen.

  14. H+R Steidl sagt:

    Hallo Flora
    toll dass du die Reise machst! Wir als couchpotato können dich nur bewundern und dir die Daumen drücken. Weiter buon viago, Pass auf dich auf!
    Hans und.Regine auch Eva und Anja

    • Flora sagt:

      Hallo Regine Hallo Hans Hallo Eva Hallo Anja,
      vielen Dank für eure Nachricht und für’s Daumen drücken. Ich bin wirklich froh, dass ich das durchgezogen habe. Ich wünsche euch einen guten Rutsch und ein verdammt gutes Jahr 2021.
      Sonnigen Gruss aus Chile

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